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Das Problem mit dem Kleingedruckten: Verstehen Sie die AGB Ihrer Kreditkarte?
Veröffentlicht am 13. September 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Das Problem mit dem Kleingedruckten: Verstehen Sie die AGB Ihrer Kreditkarte?

In den USA gibt es mehr Kreditkarten als Einwohner. Das ist kein Wunder, denn so gut wie jeder amerikanische Verbraucher hat eine solche Kreditkarte als bargeldloses Zahlungsmittel in der Tasche, oft sind es sogar mehrere Kreditkarten verschiedener Banken und Anbieter.

Selbst Supermärkte geben dort ihre eigenen Kreditkarten heraus und binden ihre Kunden mit speziellen Angeboten und Vergünstigungen. Doch so unterschiedlich diese Bonusaktionen und Privilegien ausfallen, so unterschiedlich sind auch die Geschäfts- und Vertragsbedingungen der Anbieter.

Was beim einen günstig oder sogar kostenlos sein kann, verursacht beim anderen Herausgeber der Kreditkarte vielleicht hohe Gebühren. Aber sind wir anders als die Amerikaner? Hand aufs Herz: Kennen Sie den genauen Zinssatz für Kreditkartenumsätze? Oder die Zinsen, die Sie für den Dispokredit Ihrer Bank zahlen?

Und auf der anderen Seite kennen viele Verbraucher auch nicht die Vorteile (z.B. Versicherungen oder Schutzbriefe), die bei ihren Kreditkarten möglicherweise inklusive sind, aber nie genutzt werden.
 

Kaum verständliche Formulierungen

Ein Problem in den USA wie auch in Deutschland ist, dass das sogenannte Kleingedruckte meist in einer für den Durchschnittsbürger kaum verständlichen Sprache geschrieben ist. Und damit ist nicht Chinesisch gemeint.

Wir kennen auch das Bankendeutsch oder Versicherungsdeutsch, bei dem Bedingungen und Regeln aufgestellt werden, die kein normaler Leser noch verstehen kann. Untersuchungen der amerikanischen Webseite CreditCards.com haben ergeben, dass in den USA die meisten Kreditkartenvereinbarungen auf dem Verständnisniveau von Abiturienten geschrieben werden.

Der Durchschnittsbürger fällt jedoch in der Regel nicht in diese Kategorie. Als Folge von nicht oder falsch verstandenen Vertragsbedingungen kann die Bonität beeinträchtigt werden. Auch das Auflaufen sehr hoher Gebühren und Zinsen ist nicht selten.

Vertragslaufzeiten oder automatische Vertragsverlängerungen werden überall gerne versteckt und so platziert, dass der Kunde sie aktiv suchen muss, wenn er tatsächlich einmal kündigen möchte.

Die Idee dahinter: Je komplizierter und unbequemer ein Kündigungsvorgang, umso eher ist der Kunde bereit, in einem ungünstigen Vertrag zu verbleiben.

Ein Problem der „dummen Amerikaner?“ Mitnichten. Checkt man beispielsweise deutsche Mobilfunkverträge mit Laufzeiten von 24 Monaten, merkt man schnell, dass hier ein generelles Problem zwischen Verbrauchern und Anbietern von Dienstleistungen vorliegt.

Selbst Anwälte blicken manchmal nicht durch

Kritisiert werden in der Studie vor allem sehr verschachtelte und lange Formulierungen, die rechtlich wichtige Rahmenbedingungen betreffen. Ein Durchschnittskunde ist kaum in der Lage, solchen unnötig komplizierten Vereinbarungen zu folgen oder sie gar bis ins letzte Detail zu verstehen.

Selbst Anwälte, die sich in der Materie auskennen, schütteln über Kreditkartenverträge in den USA häufig den Kopf. Eine vergleichbare Studie liegt aus Deutschland derzeit nicht vor, aber es ist anzunehmen, dass ähnlich viele Bürger keine Ahnung haben, was sie überhaupt unterschrieben haben.

Und wer kann auch allen Ernstes sämtliche Seiten mit kleingedruckten Vereinbarungen von vorne bis hinten durchlesen und gleichzeitig erfassen, was damit gemeint ist?

Noch schwieriger wird es, wenn man die Vereinbarungen nicht in Schriftform vor sich hat, sondern nur auf einem Computerbildschirm zur Kenntnis nehmen soll. Oder haben Sie tatsächlich schon einmal Gebrauch vom „Ausdrucken“-Knopf in so einer Situation gemacht?

Tatsächlich besteht auf der Anbieterseite ein erheblicher Nachholbedarf, die Bedingungen zu vereinfachen. Aber auch der Kunde sollte stets bedenken, dass er mit seiner Unterschrift einen rechtsverbindlichen Vertrag eingeht – unabhängig davon, ob er den Inhalt verstanden hat.

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