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Indien belohnt bargeldlose Zahlungen mit Steuervorteil – doch nicht alle können davon profitieren
Veröffentlicht am 13. Dezember 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Indien belohnt bargeldlose Zahlungen mit Steuervorteil – doch nicht alle können davon profitieren

Indien hat derzeit ein großes Problem mit seinem Zahlungsverkehr. Um gefälschte Geldscheine wertlos zu machen und unversteuerte Einkommen zu eliminieren, hat die Regierung neues Geld ausgegeben und das alte quasi über Nacht wertlos gemacht.

Um den Geldfälschern und Steuerbetrügern keine Zeit zur Vorbereitung zu geben, wurden die 500- und 1000-Rupien-Scheine kurz nach der Ankündigung des Premierministers im Fernsehen wertlos. Sie können zwar noch bis zum 30. Dezember bei Banken eingewechselt werden, doch das geht natürlich nur, wenn man der Finanzbehörde gegenüber die Herkunft des Geldes plausibel machen kann.

Da dies beim hohen Anteil an Schwarzgeld in Indien kaum in allen Fällen möglich ist, wurden laut der Indischen Notenbank bisher nur rund 75 Prozent der in Kürze ungültigen Banknoten eingewechselt. Die Kritiker der Aktion nehmen dies als Beweis dafür, dass die Regierung bei der Verfolgung von Schwarzgeld im Land versagt habe.
 

Die Bargeldknappheit bedroht das Wirtschaftswachstum

Es gibt aber auch ein anderes Problem im Alltag, denn die betroffenen Banknoten machen rund 86 Prozent der gesamten im Umlauf befindlichen indischen Währung aus. Gleichzeitig stehen aber noch nicht genügend neue Banknoten zur Verfügung, um den Engpass auszugleichen.

In der Folge kommen Handel und Warenverkehr bei Barzahlung mehr und mehr ins Stocken, weil die Menschen schlicht und einfach kein passendes Bargeld haben. Derzeit geht Banken das Bargeld innerhalb von wenigen Stunden nach Geschäftsöffnung bereits aus und lässt viele verzweifelte Bürger zurück, die dringend Banknoten für die Besorgungen des Alltags benötigen.

Einige Analysten prophezeien bereits, dass dieser erzwungene Einbruch in der Binnenkonjunktur Indiens Rang als am schnellsten wachsende Wirtschaftsmacht kosten könnte. Zwischen Juli und September konnte die Wirtschaft noch ein Wachstum von 7,3 Prozent (im Vergleich zum Vorjahr) verzeichnen. Nach der Einführung der neuen Banknoten und der Verknappung von Bargeld ist bereits jetzt ein Rückgang beim Verkauf von Autos und Dienstleistungen zu erkennen.

Steuervorteil für bargeldlose Zahlungen erreicht nicht alle

Die indische Regierung hat im Dezember nun eine neue Maßnahme angekündigt, um den bargeldlosen Zahlungsverkehr anzukurbeln. Gerade in den unteren Schichten sind Kreditkarten und die Zahlung per Bankkarte weder üblich noch möglich, aber die Regierung verspricht den Kunden den Wegfall der „service tax“ (in etwa mit der Mehrwertsteuer in Deutschland zu vergleichen), wenn sie für Zahlungen von bis zu 2000 Rupien eine Kreditkarte oder Bankkarte einsetzen. Derzeit beträgt die Steuerrate auf solche Transaktionen 15 Prozent.

Mit diesem Anreiz will Indien den Wechsel vom Bargeld zu digitalen Transaktionen beschleunigen. Zuvor war bereits die maximale Summe erhöht worden, die auf Prepaid Kreditkarten gebucht werden darf. Sie beträgt jetzt 20.000 Rupien, vorher durfte man nur 10.000 Rupien auf einem Prepaidkonto parken.

Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Armen von diesem Steueranreiz absolut nicht profitieren können, weil ihnen oft die Grundlagen für die Teilnahme am digitalen und bargeldlosen Zahlungsverkehr fehlen. Menschen, die von der Hand in den Mund leben und sich als Tagelöhner oder gar als Bettler ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, verfügen in der Regel weder über reguläre Bankkonten noch über Kreditkarten.

Und selbst wenn, sind diese in den betreffenden „Branchen“ kaum als Zahlungsmittel einzusetzen. Indien muss das Problem der Bargeldknappheit dringend lösen, wenn die Wirtschaft keinen nachhaltigen Schaden nehmen soll.

Bildnachweis: Thinkstock / ajijchan