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Trump und der Freihandel – hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Recht?
Veröffentlicht am 13. Dezember 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Trump und der Freihandel – hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Recht?

Einer der Hauptpunkte in Donald Trumps Wahlkampf war die Verteufelung von Freihandelsabkommen wie NAFTA. Den „unfairen“ Freihandel macht Trump dafür verantwortlich, dass viele Amerikaner ihre Jobs in der Produktion verloren haben, während Länder wie China diese Güter nun billig in eigenen Fabriken produzieren und nach Amerika verkaufen.

Trump versprach seinen Wählern, chinesische Produkte hoch zu besteuern, damit der Export in die USA nicht mehr so lukrativ für China ist. Gleichzeitig, so Trumps Logik, werde dies dazu führen, dass einheimische Unternehmen nicht mehr in billige chinesische Jobs investieren, sondern wieder in den Vereinigten Staaten produzieren. In der Folge würden die Arbeitsplätze in Amerika vergeben – und nicht mehr in China.
 

Freihandel wurde lange zu sehr vereinfacht dargestellt

Was bestechend einfach klingt, hat durchaus einige wahre Aspekte, wenngleich die Schlussfolgerungen Trumps nach Ansicht der meisten Wirtschaftsexperten fehlerhaft sind. Um das zu verstehen, muss man einen Blick auf die Grundidee des Freihandels werfen, wie sie vom Holländer David Ricardo im 19. Jahrhundert entwickelt wurde.

Seine einfache Theorie lautet, dass sich Länder nicht länger auf die ineffiziente (und teure) Produktion aller benötigten Güter konzentrieren sollten, sondern jedes Land die Produkte herstellen soll, die es besonders effizient und in großen Mengen herstellen kann. Der Überschuss kann dann für andere benötigte Güter in fremden Ländern eingetauscht werden. Die Herstellungspreise sinken insgesamt und die Industrien der beteiligten Länder sind auf ihren Spezialgebieten bestens ausgelastet.

Was die Politik aber häufig falsch macht, ist die Übersimplifizierung des Freihandels. Man erweckt gerne den Eindruck, dass alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen vom Freihandel profitieren könnten. Das ist aber logischerweise nicht der Fall.

Die Abkehr vom Freihandel wird keine Probleme lösen

Das Problem mit dem Ricardo-Modell ist, dass man Arbeiter nicht beliebig an anderer Stelle einsetzen kann. Einen Ingenieur kann man nicht als Stahlarbeiter einsetzen und umgekehrt. Und auch die Fabriken, die nicht mehr für die Herstellung benötigt werden, verwandeln sich nicht plötzlich in etwas, das man besser gebrauchen kann. Tatsächlich verlieren also die dort Beschäftigten ihre Arbeit. A

uf der anderen Seite werden jedoch neue Arbeitskräfte in den spezialisierten Tätigkeitsfeldern benötigt. In der modernen Welt könnte man sagen, dass der Stahlarbeiter in Pittsburgh seinen Job aufgrund der billigeren Produktion in China verloren hat, aber der Computerspezialist in Silicon Valley einen guten Job in neuen Industrien des Internetzeitalters findet.

Während also die Jobs mathematisch gesehen gar nicht 1:1 verloren gehen, sondern eventuell sogar neue Berufe geschaffen werden, bleiben die schlecht ausgebildeten Arbeiter mit niedrigen Einkommen auf der Strecke. Während Trumps Kritik am Freihandel also mit einiger Berechtigung bei den unteren und mittleren Arbeiterschichten ankommt (und im Übrigen auch vom linken Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders geteilt wird), sind die Schlussfolgerungen falsch.

Durch eine Abschottung der amerikanischen Märkte würden keine neuen Fabrikjobs in den USA geschaffen. Vielmehr würde das Geld erneut in lukrative Finanzprodukte wie Kreditkarten und Spekulationsblasen im Immobilienbereich fließen, die den „kleinen Leuten“ unter dem Strich nur schaden. Der Freihandel ist nicht alleine für stagnierende Löhne und verlorene Arbeitsplätze verantwortlich, folglich kann eine Abschottung vom Freihandel die Probleme auch nicht automatisch lösen.

Bildnachweis: Thinkstock / tumsasedgars