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Amerikanische Banken liefern sich Wettrennen um Kreditkarten-Kunden
Veröffentlicht am 4. November 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Amerikanische Banken liefern sich Wettrennen um Kreditkarten-Kunden

Vor der Finanzkrise von 2009 waren Kreditkarten in den USA in fast jedem Geldbeutel zu finden. Kaum ein Verbraucher, der nicht von der praktischen und bargeldlosen Bezahlmethode Gebrauch gemacht hätte. Auch die Kreditkartenschulden waren entsprechend hoch. Allerdings hatte auch niemand auf dem Schirm, dass die Wirtschaft plötzlich so schwächeln könnte wie es dann der Fall war.

In den letzten Jahren waren die amerikanischen Kunden dann auch folgerichtig zurückhaltender. Viele gaben ihr Plastikgeld zurück, andere behielten zwar die Kreditkarten, aber achten peinlich darauf, keine Schulden mehr anzuhäufen, sondern ihre Rechnung einmal monatlich auszugleichen.

Gerade auch die jüngere Generation, die sogenannten Millennials, scheinen Schulden wie das Weihwasser zu meiden. Schon die Aufnahme der (oft notwendigen) Studienkredite ist für sie eine große Überwindung. Außerdem wurden sie bislang von den meisten Kreditkartenfirmen als Kunden ohnehin übersehen, da Millennials oft keine traditionelle Kredithistorie aufweisen, weil sie sich vor allem im digitalen Wirtschaftsraum bewegen.
 

Wird das Ausfallrisiko bedacht?

Seit 2015 ist ein enormer Anstieg bei den Anträgen auf neue Kreditkarten zu verzeichnen. Manche Analysten sagen sogar, dass der Run auf Kreditkarten seit 2007 nicht mehr so stark gewesen ist. Die Schuldenrate der amerikanischen Konsumenten ist im August auf fast 975 Milliarden US-Dollar gestiegen, wovon ein guter Teil auf Kreditkarten entfällt. Im nächsten Jahr könnte die 1-Billionen-Grenze fallen, so die Erwartungen der Finanzexperten.

Unter den Banken ist ein regelrechter Krieg um neue Kunden entbrannt. Sie versuchen, den Kunden durch besondere Anreize den Einsatz von Kreditkarten schmackhaft zu machen. Für die Banken ist die Rechnung klar: Für normale Kredite gibt es wegen der Niedrigzinspolitik kaum noch eine ausreichende Rendite. Also werden die Kunden dazu ermutigt, die Kreditkarte einzusetzen.

Wird die Rechnung nicht am Monatsende ausgeglichen, fallen die üblichen (normalerweise relativ hohen) Zinsen an. Ein klassischer Anreiz für Kreditkartenkunden ist beispielsweise das Sammeln von Punkten oder Bonusmeilen, die dann gegen Flüge oder Hotelaufenthalte und ähnliche Dinge eingetauscht werden können. Bestimmte Angebote sind außerdem exklusiv über bestimmte Kreditkarten erhältlich oder zu buchen, was die Exklusivität des Zahlungsmittels weiter verstärkt.

Natürlich müssen die Banken dabei auch das Ausfallrisiko im Auge behalten und wenden sich in erster Linie an Kunden mit sehr guter Bonität. Tatsächlich ist es für solvente Kunden nie so günstig und einfach gewesen, eine Kreditkarte in den USA zu bekommen, so die Analyse von Marktexperten.

Neukunden und Bestandskunden

Kritiker warnen aber auch vor einer neuen Spekulationsblase, die sich die Banken durch die Vergabe der Kreditkarten bescheren könnten. Denn obwohl die Kreditkartenschulden natürlich auf dem Papier große Gewinne durch Zinsen und entsprechende Umsatzzuwächse generieren, wird ein gewisser Teil der Kreditkarteninhaber diese Schulden nicht bedienen können. Dieses Risiko tragen Banken bei allen Krediten und preisen sie über die Zinsen ein.

Dennoch, so warnen einige Fachleute, könnte die sehr großzügige Vergabepolitik dazu führen, dass der Anteil an Kreditausfällen irgendwann die Gewinne auffrisst. Für die Kunden sind die Angebote der Kreditkarten aber auch sehr verlockend. Obwohl für manche Kreditkarten sehr hohe Jahresgebühren anfallen (zum Teil über 400 Dollar), können sie sich beim richtigen Einsatz dennoch lohnen.

Meist sehen die Programme so aus, dass bei einem bestimmten Mindestumsatz auf der Kreditkarte innerhalb eines oder binnen drei Monaten sehr großzügige Belohnungen warten. Das geht von der Erstattung von Gebühren bis hin zu vielen Bonusmeilen. Manche Kunden können sich so nach drei Monaten eine kostenlose Flugreise mit Hotelaufenthalt in Mexiko leisten, ohne draufzuzahlen.

Aber nicht alle Kreditkartenfirmen wollen Neukunden um jeden Preis. Die Bank of America will vielmehr die Kundentreue belohnen und macht besondere Angebote nur ihren Bestandskunden. Das hat den Vorteil, dass die Bonität und Zuverlässigkeit dieser Kunden bekannt ist und dennoch höhere Umsätze durch besondere Anreize generiert werden können. Das ist jedoch im Moment die Ausnahme. Der Kreditkartenmarkt in den USA ist weiter auf Wachstum gepolt – jedenfalls bis zur nächsten Finanzkrise.

Bildnachweis: Thinkstock / robertcicchetti