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In Australien droht eine Krise durch Kreditkartenschulden wie aus den USA bekannt
Veröffentlicht am 13. Oktober 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

In Australien droht eine Krise durch Kreditkartenschulden wie aus den USA bekannt

Nicht nur in Deutschland und den USA wächst die Zahl überschuldeter Haushalte. Auch auf der anderen Seite der Welt haben viele Verbraucher mit Schulden zu kämpfen, die sie nicht mehr bezahlen können.

Besonders hoch ist der Anteil an Kreditkartenschulden, die für Australier inzwischen zu den wichtigsten Gründen für eine Privatinsolvenz zählen. Schuld daran sind nach Ansicht von Verbraucherschützern vor allem die Großbanken, die unangemessen hohe Kreditlimits einräumen, die weit über die finanziellen Verhältnisse der Schuldner gehen.

Dadurch könnten sich die Kreditinstitute in Australien sogar eines Gesetzesbruches schuldig machen, so der ehemalige Finanzberater und Dozent an der Universität von Canberra, Gregory Mowle. Im Rahmen einer Forschungsarbeit über private Insolvenz kam er zu dem Schluss, dass die meisten Schuldner durch das Plastikgeld in diese Situation gekommen sind.
 

Ein Teufelskreis für Schuldner?

Mowle steht Kreditkarten insgesamt sehr skeptisch gegenüber, da sie die gesamte Schuldenbilanz undurchsichtig gestalteten und man schnell den Überblick über Zinsbelastung und Rückzahlungsverpflichtungen verlieren könne.

Er empfiehlt vielmehr klassische Verbraucherkredite, die mit einem festen Rückzahlungstermin verbunden sind und ein Ende in Sicht ist. Unterstützt wird diese Ansicht durch eine große Verbraucherschutzorganisation, dem Victoria’s Consumer Action Law Centre.

Dort geht man davon aus, dass etwa die Hälfte aller Konsumenten, die die Organisation um Hilfe bei Bewältigung ihrer persönlichen Schuldenkrise bitten, Kreditkartenschulden in Höhe von 10.000 australischen Dollar und mehr haben. Viele hätten sogar noch bedeutend höhere Kreditkartenschulden. Mindestens einmal wöchentlich trete ein Fall mit Kreditkartenschulden über 100.000 Dollar auf, so die Organisation.

Das Problem liegt Gregory Mowle zufolge am Teufelskreis der Kreditkarten, bei denen Kunden häufig die eine Kreditkarte dazu nutzen, die Mindestrückzahlungssumme einer anderen zu bedienen. So können sich langsam aber sicher mehrere Kreditkarten zu gewaltigen Schuldenmühlen entwickeln. Wie jedes Kartenhaus müsse aber auch dieses irgendwann zusammenbrechen, so der Experte.

Die Vergabepraxis ist das Problem, nicht die Kreditkarte an sich

Tatsächlich haben australische Banken offenbar über Jahre hinweg Menschen Kreditkarten mit irrwitzig hohen Limits eingeräumt, die diese ganz offensichtlich gar nicht hätten bekommen dürfen. Darunter viele Rentner, an denen die Kreditkarten ohne vorherige Antragstellung automatisch im Rahmen einer Immobilienfinanzierung ausgegeben wurden.

Mit Limits von 25.000 Dollar und mehr waren diese Kreditkarten unverhältnismäßig hoch belastbar, werfen Verbraucherschützer den Großbanken vor. Neben den zusätzlichen Belastungen, die ohnehin durch die Immobilienkredite auf die Rentner zukamen, habe sich dies in vielen Fällen zu einem nicht mehr zu bewältigenden Problem aufgeschaukelt. Der Verlust des Eigenheims, nur um schließlich die Schulden bezahlen zu können, sei dabei kein Einzelfall.

Doch wie kann es überhaupt zu solchen Auswüchsen kommen? Klar ist, dass Kunden, die über ihre Verhältnisse leben, grundsätzlich schnell in Schwierigkeiten kommen. Wer größere Kredite aufnimmt, als er bewältigen kann, begibt sich schließlich selbst in dieses gefährliche Wasser. So argumentieren jedenfalls die Banken.

Was sie dabei verschweigen, ist die Tatsache, dass gerade bei Kreditkarten durch das Fehlen einer konkreten Summe und Rückzahlungsterminierung des gesamten Betrags der Eindruck entsteht, dass „die Rate schon auch noch irgendwie geht“.

Größtes Problem ist jedoch nach Ansicht der Verbraucherschützer in Australien weniger das Produkt der Kreditkarte, sondern unter welchen Voraussetzungen sie vergeben werden. Viele Banken räumten unrealistische Limits ein, die das jährliche Einkommen der Kunden oft um ein Vielfaches überstiegen.

Zur Rettung der Situation würden dann Refinanzierungen über Ablösekredite angeboten. Letzteres sei zumindest im Hinblick auf niedrigere Zinsen und ein festes Zahlungsziel schon ein Fortschritt, sagen die Fachleute.

Rechtlich problematisch sei jedoch, dass viele Banken ihrer Beratungspflicht nicht ausreichend nachkommen würden und auch ihre Sorgfaltspflicht gegenüber den Kunden verletzten, indem sie ihnen suggerierten, problemlos an viel Geld kommen zu können.

Nicht ganz unerheblich ist dabei sicherlich auch die Politik australischer Banken, Bonuszahlungen für möglichst viele verkaufte Kredite und Kreditkarten zu zahlen und die Mitarbeiter zu solchem Verhalten damit auch noch zu ermutigen. Gefordert werden jetzt rechtliche Schritte, die dieser Vergabepraxis bei Kreditkarten in Australien ein Ende setzen sollen.

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