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Kreditkarten: Banken in Indien werden nervös wegen wachsender Schulden
Veröffentlicht am 5. November 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Kreditkarten: Banken in Indien werden nervös wegen wachsender Schulden

Die Banken in Indien haben ein Problem, das viele Banken weltweit betrifft. Die Einkünfte sind durch die globalen Niedrigzinsen nicht mehr über die klassischen Anlageprodukte zu halten, da die Anleger kaum noch Rendite erwarten können und die Banken entsprechend wenig davon profitieren.

Spekulativere Anlagemodelle, die höhere Zinsen versprechen, sind hingegen risikoreich und werden von den meisten Anlegern nicht bevorzugt. Als rentable Geschäftsmodelle gelten aber nach wie vor die Kreditkarten, denn sie bringen über Gebühren und Zinserträge auf offene Salden weiterhin zuverlässig viel Geld in die Kassen der Banken.

Allerdings befürchten die indischen Banken, dass das Ausfallrisiko besonders bei Neukunden langsam zu hoch wird. Seit einiger Zeit verzeichnen die größten Banken des Subkontinents einen Zuwachs beim Einsatz von Kreditkarten und den damit verbundenen Schulden, die die Kunden anhäufen.
 

Neukunden werden kritischer beäugt als früher

Bis Ende Juli 2016 hatten indische Banken knapp 26 Millionen Kreditkarten an ihre Kunden ausgegeben, was etwa 18% mehr als im Vorjahr waren. Offene Kreditkartenrechnungen stiegen im gleichen Zeitraum um 29 Prozent an. Allein in den letzten Monaten war der Anstieg mit 25 Prozent besonders hoch.

Die Banken knabbern immer noch an den Verlusten, die durch zu großzügig vergebene Kredite an Unternehmen entstanden. Dementsprechend schrauben einige große indische Bankhäuser ihre Pläne zurück, was das Wachstum bei den Kreditkarten angeht.

Die drittgrößte Privatbank Axis hat bis Ende Juli einen Zuwachs von 40 Prozent bei der Ausgabe neuer Kreditkarten gemeldet und hatte somit insgesamt 2,8 Millionen neue Kunden im Vergleich zum Vorjahr mit Plastikgeld ausgestattet.

Viele dieser Neukunden sind für die Bank jedoch ein Risiko, weil sie die Bonität und Zahlungsmoral dieser Menschen nicht einschätzen können. Dementsprechend vorsichtig geht die Bank mit diesen Kunden um. Ein Finanzmanager der Axis Bank sagt hierzu, dass Geschäfte mit Kunden außerhalb des bekannten Kundenstamms nur sehr zurückhaltend getätigt würden.

Und selbst, wenn es zu neuen Abschlüssen kommt, ist die Bank sehr vorsichtig mit Kreditrahmen, da sowohl die Arbeitsmarktzahlen als auch die Entwicklung der Löhne in Indien nicht immer mit dem übereinstimmt, was man sich wünschen würde.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Ähnlich sieht es die zweitgrößte Privatbank Indiens, die HDFC Bank. Sie ist gleichzeitig führend bei den Kreditkarten und hat allein im vergangenen Jahr fast acht Millionen neue Karten an Kunden ausgegeben. Danach kommen die ICICI Bank und der Provider SBI Cards mit jeweils rund 3,8 Millionen Kreditkarten.

Das Kreditkartengeschäft bei der HDFC ist im dritten Quartal um 18,5 Prozent gewachsen, was allerdings bereits einen Rückgang verglichen zum zweiten Quartal darstellt, in welchem der Markt noch um 26 Prozent gewachsen ist. Die Manager der HDFC Bank erklären den Rückgang damit, dass die Bank bremsend auf den Markt einwirkt, um keine zu großen Risiken einzugehen.

Aber nicht jeder sieht die Lage in Indien so kritisch, was die Kreditkarten betrifft. Denn im Kreditkartensegment dominieren inzwischen nicht mehr so sehr die Einnahmen durch Schuldzinsen, sondern die zahlreichen Gebühren, die für Transaktionen in Geschäften, für die Bargeldbeschaffung an Geldautomaten und andere Dinge anfallen. Damit können die Banken das Risiko etwas minimieren, zumal die Transaktionsgebühren beim normalen Karteneinsatz ohnehin meist von den Händlern getragen werden.

Insgesamt halten die meisten Finanzexperten den indischen Kreditkartenmarkt für relativ sicher, solange das blindwütige Wachstum und das unkritische Werben um Neukunden nicht ausufert. Es gebe heute sehr viel mehr und effektivere Überwachungsmechanismen, die ein Zusammenbrechen des Kreditkartenmarkts verhindern sollen.

Dennoch bleibt das Problem bestehen, dass die indischen Banken irgendwie ihre Gewinne generieren müssen und dies über die klassischen Geschäftsfelder immer schwieriger wird. Aber dieses Problem haben die Bankhäuser derzeit auf der ganzen Welt.

Bildnachweis: Thinkstock / szefei