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Lloyds plant Übernahme des britischen Kreditkartengeschäfts der Bank of America
Veröffentlicht am 22. November 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Lloyds plant Übernahme des britischen Kreditkartengeschäfts der Bank of America

Es wäre die erste Übernahme der britischen Lloyds Bank nach mehr als sieben Jahren. Die Bank of America (BofA) möchte ihren Anteil am britischen Kreditkartenmarkt gerne verkaufen. Es geht dabei um einen Geschäftswert von etwa sieben Milliarden Pfund oder 8,64 Milliarden US-Dollar und betrifft das Kreditkartengeschäft auf den britischen Inseln.

Konkret geht es um die Übernahme des Geschäfts vom Kreditkartendienstleister MBNA. Diese amerikanische Bank wurde ihrerseits im Jahr 2006 von der Bank of America übernommen und betreut rund fünf Millionen Kunden mit ihren Kreditkarten im Vereinigten Königreich.

Das entspricht einem Gegenwert von etwa 11 Prozent aller britischen Kreditkartenverbindlichkeiten. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen MBNA einen Gewinn von rund 166 Millionen Pfund ausweisen.
 

Der Deal ist noch nicht in trockenen Tüchern

Schon in der Vergangenheit hatte die Bank of America ihre Kreditkartenaktivitäten in Europa ausgedünnt, etwa mit dem Verkauf der jeweiligen Beteiligungen in Irland und Spanien.

Vor fünf Jahren sollte sogar das gesamte europäische Kreditkartengeschäft der BofA ausgelagert werden, also auch die Aktivitäten in Großbritannien. Aber der Verkauf wurde nicht realisiert, weil die Gebote für die Übernahme hinter den Erwartungen der Amerikaner zurückblieben. Mit dem Einzelverkauf der jeweiligen Sparten erhofft sich die Bank offenbar eine größere Gewinnmarge.

Schon damals gehörte Lloyds zu den Mitbietern, entschied sich aber schließlich gegen die Investition, weil die Bank of America sich nicht an möglichen künftigen Entschädigungen von Kunden beteiligen wollte, denen in der Vergangenheit Zahlungsausfallversicherungen unter zwielichtigen Bedingungen verkauft worden waren.

Dieser Konfliktpunkt scheint bei den gegenwärtigen Verhandlungen Gerüchten zufolge jedoch ausgeräumt worden zu sein. Demnach haben sich Lloyds und die Bank of America darauf geeinigt, dass sich das amerikanische Geldhaus an den möglichen Kosten für die Kompensation von Kunden beteiligt, solange ein bestimmter Fixbetrag nicht überschritten wird.

Höhere Zinserträge durch Kreditkartengeschäft angestrebt

Lloyds könnte von den höheren Zinsen im Kreditkartenmarkt profitieren, wenn die Übernahme von MBNA tatsächlich stattfinden sollte. Derzeit hat Lloyds – wie die meisten Banken – mit den niedrigen Zinsen auf dem Kredit- und Hypothekenmarkt zu kämpfen und ist daher auf der Suche nach einem Ausgleich für entgangene Profite.

Da Kreditkartenzinsen weiterhin vergleichsweise hoch sind, scheint der Schritt zur Investition in dieses Geschäftsfeld sinnvoll zu sein. Doch obwohl die Verhandlungen offenbar gut vorankommen und internen Quellen zufolge bereits im ersten Quartal 2017 abgeschlossen sein könnten, gibt es noch weitere Faktoren, die den Deal letztlich scheitern lassen könnten.

So könnte die Übernahme durch Lloyds zu Verwerfungen auf dem britischen Kreditkartenmarkt führen, denn danach würde die Bank rund 25 Prozent des gesamten Marktvolumens im Vereinigten Königreich kontrollieren. Dies entspricht in etwa dem gleichen Anteil, den der Marktführer Barclaycard hält. Aufgrund von Regulierungsbestimmungen könnte es jedoch zu Bedenken hinsichtlich einer möglichen Wettbewerbsverzerrung kommen, wenn der Deal tatsächlich umgesetzt wird.

Arbeitnehmer und Anleger könnten Nachteile erleiden

Doch nicht nur aus wettbewerbsrechtlichen Gründen könnte die Übernahme noch platzen. Das Geschäft von MBNA in Großbritannien wird von der nordwestenglischen Stadt Chester aus geleitet. Sollte Lloyds die Kunden, die bisher bei MBNA unter Vertrag sind, in ihr eigenes Kreditkartensystem überführen, würden die Verwaltungskapazitäten von MBNA in England überflüssig.

Bis zu 1700 Mitarbeiter könnten davon betroffen sein und möglicherweise ihre Arbeitsplätze verlieren. Und neben den Arbeitnehmern könnten auch die Anleger und Investoren von Lloyds wenig erfreut über den Zusammenschluss mit MBNA sein, denn durch die Übernahme würde sich die Aussicht auf höhere Dividendenzahlungen an Aktionäre von Lloyds deutlich verringern.

In der Folge könnte eine Übernahme zu Aktienverkäufen und einem entsprechenden Einbruch des Kurses führen. Ob also die Übernahme wirklich sinnvoll ist, bleibt abzuwarten. Noch haben die Briten jedenfalls nicht endgültig entschieden, ob sie die Kreditkartentochter der Bank of America in Großbritannien tatsächlich übernehmen.

Bildnachweis: Thinkstock / AndreyKrav