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Überraschender Wechsel in der Chefetage bei VISA verblüfft die Fachwelt
Veröffentlicht am 22. Oktober 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Überraschender Wechsel in der Chefetage bei VISA verblüfft die Fachwelt

Normalerweise treten CEOs großer Firmen nur dann zurück, wenn es Probleme mit dem Unternehmen gibt. Bei VISA läuft seit Jahren alles bestens. Die Aktienwerte steigen und die Kreditkartenfirma scheint bestens aufgestellt für die technologischen Neuerungen der Zukunft.

Und doch hat der bisherige CEO Charlie Scharf überraschend seinen Rücktritt zum 1. Dezember erklärt. Nachfolger soll Alfred Kelly Jr. werden, eine bekannte Größe im Kreditkarten-Business. Kelly ist ehemaliger Präsident von American Express, die gerade versuchen den Markt zurück zu erobern, und sitzt derzeit im Vorstand von VISA. Alfred Kelly Jr. soll in Zukunft als CEO das Unternehmen leiten.
 

Eine Erfolgsstory geht in den USA zu Ende

VISA gab bekannt, dass der bisherige CEO Scharf den Vorstand davon in Kenntnis gesetzt habe, dass er künftig nicht mehr so viel Zeit wie notwendig in San Francisco verbringen könne, um seinen Verpflichtungen als CEO von VISA effektiv nachgehen zu können.

San Francisco ist der Hauptsitz des Unternehmens in Amerika. Als Vorstandsvorsitzender hat Charlie Scharf nach nur vier Jahren das Handtuch geworfen und betont, dass es sich um rein private Gründe handelt. Tatsächlich scheint es auch keine firmenbedingten Gründe zu geben, die der Öffentlichkeit bekannt wären, denn das Unternehmen VISA hat seit dem Amtsantritt von Scharf im November 2012 eine wirklich gute Vorstellung an der Börse geliefert.

Die Aktie des Unternehmens ist seitdem um 134 Prozent gestiegen. Scharf galt als echter Experte für die Börse und brachte als ehemaliger leitender Mitarbeiter bei J.P. Morgan Chase die entsprechende Erfahrung mit sich. Während der Finanzkrise stand Scharf dem J.P. Morgan-Chef Jamie Dimon mit Rat und Tat zur Seite und trug dazu bei, die Bank aus dem schwierigen Fahrwasser zu steuern.

Im Jahre 2014 brachte das Magazin Fortune einen großen Bericht über den aufstrebenden Finanzmanager, dessen Strategie für die Neuausrichtung von VISA offenbar genau gepasst hat.

Bleibt die Strategie bei VISA gleich?

Unter der Führung von Scharf wurde aus VISA ein technologieorientiertes Unternehmen, das für die digitale Kommerzialisierung gut aufgestellt ist. Ein hoher Funktionär von VISA, Robert Matschullat, bescheinigt seinem bisherigen Vorstandsvorsitzenden, mit Weitblick dafür gesorgt zu haben, dass das Unternehmen auf Jahre hinaus bestens aufgestellt sei.

Zu seiner Strategie gehörte unter anderem, andere Leute von J.P. Morgan in die Chefetagen von VISA zu holen, mit denen er schon früher gut zusammengearbeitet hat. Erst im Juni wurde der Verkauf von VISA Europe erfolgreich unter Dach und Fach gebracht. Dieser Deal hat dem Unternehmen rund 23 Milliarden US-Dollar eingebracht.

Der Nachfolger im Amt des Vorstandsvorsitzenden, Alfred Kelly, ist auch kein unbeschriebenes Blatt in der Branche. Er hat rund 15 Jahre in den Diensten von American Express gestanden und während dieser Zeit einige Zweige des Kreditkartenunternehmens geleitet. Unter anderem war er für die berühmten Travelers Checks verantwortlich, für die American Express in aller Welt bekannt ist.

Schon in den 80er Jahren war sein Name in Fachkreisen ein Begriff, denn damals war er der Leiter der IT-Abteilung im Weißen Haus in Washington. Die Märkte reagierten verhalten auf die Ankündigung über den Führungswechsel bei VISA, denn es ist vielen Anlegern nicht klar, warum dieser plötzliche Wechsel jetzt nötig war.

Vielleicht waren es tatsächlich nur rein private Gründe, die Scharf zu dieser Entscheidung gebracht haben. Die Aktie von VISA ist in der Folge nur leicht gefallen, was aber vorerst kein Grund zur Sorge sein sollte.

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