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Amerikanischer Kreditkartenmarkt verzeichnet im zweiten Quartal Wachstumssprung
Veröffentlicht am 3. November 2016 - Redakteur: Oliver Polenz

Amerikanischer Kreditkartenmarkt verzeichnet im zweiten Quartal Wachstumssprung

Im zweiten Quartal 2016 ist die Zahl neuer Kreditkartenkonten in den Vereinigten Staaten von Amerika im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 Prozent auf insgesamt 84,9 Millionen angestiegen. Dies meldet die American Bankers Association (ABA) in ihrem Kreditkartenmarkt-Bericht, der am 1. November veröffentlicht wurde.

Damit beträgt die Gesamtzahl aller Kreditkarten in den USA unglaubliche 342 Millionen, was einen Höchststand seit der letzten Rezession durch die Finanz- und Wirtschaftskrise darstellt. Gestiegene Zahlen beim Konsumentenverhalten und günstige Verhältnisse am Arbeitsmarkt haben zu diesem Anstieg entscheidend beigetragen.

Im zweiten Quartal 2016 waren die Konsumausgaben amerikanischer Verbraucher sehr stark, was die ABA auf die gesunkenen Arbeitslosenzahlen und stetig wachsende Einkommen zurückführt. ABA Manager Jess Sharp erklärte dazu, dass es kein Wunder sei, wenn Umsätze und Kontoeröffnungen bei Kreditkarten anstiegen, während die Verbraucher sich mehr und mehr den Kreditkarten zuwenden würden.
 

Verschuldungsrate auf historischem Tiefstand

Er wies darauf hin, dass die Verschuldungsrate im Vergleich zum verfügbaren Einkommen derzeit lediglich 5,23 Prozent beträgt. Das ist ein historischer Tiefstand. Allerdings sagt das nichts über die Verschuldung an sich aus, denn Kreditkarteninhaber, die jeden Monat ein Soll mit sich herumschleppen, machen 42,5 Prozent aller Kreditkartenkonten aus. Immerhin ist auch diese Zahl um 1,1 Prozent gesunken.

Auch Kunden mit schlechterer Bonität bekommen Kreditkarten

Nicht erwähnt wird in diesem Zusammenhang jedoch die hohe Zahl an völlig überschuldeten Haushalten, deren Kreditkartenschulden kaum noch zu bewältigen sind. Auch, wenn die Verschuldungsquote insgesamt zurückgeht, sehen einige Fachleute hier bereits wieder die nächste Finanzmarktblase entstehen, diesmal eben im Kreditkartenmarkt.

So pessimistisch sieht die ABA die Situation allerdings nicht. Tatsächlich scheinen die Banken, die Kreditkarten an ihre Kunden ausgeben, immer neue Kundenkreise zu erschließen und vergeben jetzt auch Kreditkarten an Kunden, die eine schlechtere Bonität haben oder einfach noch keine lange Kredithistorie nachweisen können.

Letzteres betrifft vor allem jüngere Leute aus der Generation der sogenannten Millennials, die studieren und durch unregelmäßige Tätigkeiten relativ spät im Leben noch keine durchgängige Beschäftigung nachweisen konnten.

Da die Bewertung von Bonität in den USA vor allem noch an traditionelle Kriterien gebunden ist, gehen immer mehr Kreditkartenfirmen dazu über, Bewertungen nach moderneren Gesichtspunkten der digitalen Welt vorzunehmen. Sehr oft seien die Millennials nämlich durchaus solvent und könnten sich die Rückzahlung von Kreditkartenrechnungen problemlos leisten.

Durch die fehlende Erfassung mancher neuer Wirtschaftsbereiche falle dies jedoch häufig unter den Tisch, so Kritiker der Vergabepolitik. Die Banken vergeben jedenfalls in letzter Zeit wieder häufiger Kreditkarten an Neukunden.

Gerade im Bereich der Kunden, die nicht in die Premium-Kategorie hoher Einkommen fallen, ist ein Anstieg um 19 Prozent auf insgesamt 25 Millionen neuer Kreditkartenkonten zu verzeichnen. Bei den Premium-Kunden fiel das Wachstum mit lediglich 16 Prozent dagegen deutlich geringer aus.

Fachleute warnen vor Überschuldung

Bei den Kreditlinien, also dem Verfügungsrahmen der Kreditkarten, sind die Banken jedoch vorsichtiger. Während in den Kategorien mit Top-Bonität die Kreditlimits um 1,7 Prozent erhöht wurden, konnten die Neukunden mit schlechterer Bonität nur mit einer Erweiterung der Verfügungsrahmen um durchschnittlich 0,2 Prozent rechnen.

Dass die Banken hier eine gewisse Vorsicht walten lassen, scheint durchaus geboten. Die Zahl von überschuldeten Kreditkartennutzern mag in den letzten Jahren nicht gestiegen sein (wobei das von der jeweiligen Statistik abhängt, die man dazu befragt), aber viele Experten halten die zum Teil sehr hohen Schuldenbeträge im Einzelfall für besorgniserregend.

Es bleiben häufig Zweifel, ob die Banken bei der Vergabe von Kreditkarten tatsächlich die notwendige Sorgfalt an den Tag legen. Schon in der Immobilienkrise, die im Zuge der allgemeinen Finanzkrise von 2009 viele Amerikaner ihr Eigenheim gekostet hat, waren Kreditzusagen in utopischen Höhen an Menschen mit unzureichender Bonität vergeben worden.

Als die Zinsen dann plötzlich stark anstiegen, konnten viele die Raten nicht mehr zahlen und mussten um ihre Existenz fürchten. Eine ähnlich gefährliche Entwicklung könnte teilweise auch am Kreditkartenmarkt drohen, falls es erneut zu einem Einbruch der Wirtschaft kommt wie schon 2009.

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